Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz
7.-9. März 2016 in Würzburg-Himmelspforten
„In der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen kommt uns das Evangelium entgegen“, diese Überzeugung vertritt Weihbischof Otto Georgens (Speyer), der als Beauftragter der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz für Menschen mit Behinderungen bei der Tagung vom 7.-9. März in Würzburg-Himmelspforten zugegen war. Wie kann diese UN-Behindertenrechtskonvention in der Kirche umgesetzt werden? „Einfach machen. Aktionsplan für die Kirche“ lautete als Antwort das Thema der Fachtagung der pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Seelsorge mit Menschen mit Behinderungen.
Die über 80 Teilnehmer setzten sich mit der Frage auseinander, wie Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt am Leben der Kirche beteiligt und wie die Rechte behinderter Menschen auf allen Ebenen der Kirche umgesetzt werden können. Die Kirche wird immer mehr die Kirche Jesu Christi, wenn sie ihrem Herrn nachfolgt und wie er Menschen mit Behinderungen in die Mitte stellt. Inklusion ist ein Kriterium für die künftige Gestalt der Kirche, unterstrich Dr. Ottmar John, der als Geschäftsführer der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz die Fachtagung begleitete.
Dr. Valentin Aichele vom „Institut für Menschenrechte“ informierte die Teilnehmer, wie Bund, Länder und Kommunen versuchen, die UN-Behindertenrechtskonvention durch Aktionspläne umzusetzen und wie das Institut für Menschenrechte diese Maßnahmen berät und kontrolliert. Dr. Aichele legte besonderen Wert darauf, Betroffene durchgehend einzubeziehen und überlegte mit einer Gruppe, wie staatliche Aktionspläne auf die Kirche zugeschnitten werden können. Mit dem Entstehungsprozess des ersten kirchlichen Aktionsplanes im Bistum Limburg befasste sich eine zweite Gruppe und eine dritte holte sich Anregungen für die kirchliche Verwaltung aus dem Aktionsplan des Landschaftsverbandes Rheinland.
Im Mittelpunkt der Arbeit stand die konkrete Umsetzung der Behindertenrechtskonvention u.a. in den Bereichen „Recht auf Arbeit und Beschäftigung“, Zugänge zu Informationen, Medien und Bildung, Teilhabe an politischen Willensbildungsprozessen und Barrierefreiheit von Gebäuden.
Deutlich wurde, dass Aktionspläne breite Bündnisse mit klaren Zielen brauchen, viele Menschen und Stellen einbeziehen müssen und die konkreten Maßnahmen am Ende eines langen Prozesses stehen. Damit die Behindertenseelsorger in den Bistümern dafür viele Bündnispartner gewinnen können und von den Betroffenen und den ehrenamtlich Engagierten in den Pfarrgemeinden sowie von Pfarrern und den Bischöfen unterstützt werden, wird eine Arbeitsgruppe aus dem Kreis der Teilnehmer der Fachtagung dazu Empfehlungen und Vorlagen ausarbeiten, nach dem Motto: „Einfach machen!“
Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 67 Mitglieder (Stand: Dezember 2013) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.
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P. Dr. Hans Langendörfer SJ
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz
01.12.2014
205
Der seit 1993 von den Vereinten Nationen ausgerufene Internationale Tag der Menschen mit Behinderung findet am 3. Dezember 2014 statt. Auch nach Inkrafttreten des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung im Mai 2008 gibt es in Deutschland Ungleichheiten bezüglich der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung.
Weihbischof Otto Georgens (Speyer), der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Seelsorge für Menschen mit Behinderung, nimmt diesen Tag zum Anlass, um erneut das uneingeschränkte Recht auf gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen zu fordern: „Auch wenn sich in den vergangenen Jahren bereits viel getan hat, so liegt ein Großteil noch vor uns. Ziel muss es sein, dass es allen Menschen – stärker, schwächer oder einfach nur anders – möglich ist, in gleicher Weise am gesellschaftlichen Leben in all seinen Formen teilzuhaben und vor allem auch teilzugeben. Denn jeder Mensch hat etwas Einzigartiges und Besonderes, das für unsere Gesellschaft von unschätzbarem Wert ist: Die Vielfalt aller Menschen macht unsere Gesellschaft aus. Es sind nicht nur die Barrieren an Häusern, Kirchen und anderen Gebäuden, die ein Miteinander oft schwer machen. Es sind häufig die Barrieren in den Köpfen, die ein gemeinsames Leben und Erleben schwierig oder nicht möglich machen. Ich rufe jeden dazu auf, die eigenen Hürden zu überwinden, um so an einer vielfältigen und wertvollen Gesellschaft mitzuwirken, deren unterschiedlichen Bereiche für jeden in gleicher Weise offen stehen.“
Die katholische Kirche weiß sich mit behinderten Menschen und ihren Familien verbunden, insbesondere durch seelsorgliche Begleitung und caritative Hilfen. Die Arbeit ist diözesan organisiert und richtet sich mit speziell ausgebildeten Seelsorgern an alle Gruppen von Menschen mit Behinderung, wie hör- und sehgeschädigte Menschen oder solche mit geistiger Behinderung.
In der Caritas Behindertenhilfe in Deutschland sind fast 1.000 Mitgliedseinrichtungen organisiert, die mit mehr als 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 150.000 Menschen mit Behinderung oder mit psychischer Erkrankung unterstützen, um diesen eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Hinzu kommen viele Ehrenamtliche, die sich um die Belange von Menschen mit Behinderung kümmern.
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„Toleranz ist, Vertrauen in
Menschen zu haben, die anders
sind als man selbst.“
Christiane Hörbiger
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Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz
10.06.2014
098
Die katholische Kirche in Deutschland erhofft sich von der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien faire und spannende Spiele. Dabei dürfe auch die gesellschaftliche Dimension des Großereignisses für die brasilianische Bevölkerung nicht aus dem Blick geraten. Diese Auffassung vertritt der Vorsitzende der Unterkommission für Kontakte mit Lateinamerika der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, der zugleich auch für das Hilfswerk ADVENIAT zuständig ist. „Die meisten Brasilianer sind voller Vorfreude auf das Ereignis. Seit Beginn der Vorbereitungen gibt es aber auch massive Proteste gegen die Zwangsumsiedlung der Bewohner rund um die neuen Stadien und gegen die Korruption im Sport. Viele fragen sich, wie es Brasilien gelingen kann, neben der Investition in Fußballarenen auch die sozialen Grunddienste zu sichern“, so Bischof Overbeck.
Bischof Overbeck sieht faire Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft als gutes Vorbild für einen respektvollen Umgang in der Bevölkerung Brasiliens: „Leider fehlen Regeln wie im Fußball häufig in der brasilianischen Gesellschaft, wo sich allzu oft der Stärkere durchsetzt.“ Ein Aktionsbündnis „Steilpass“ hat deshalb zehn Forderungen an die Politik aufgestellt, die auf ein soziales Fairplay in Brasilien abzielen. Dazu zählen unter anderem menschenwürdige Arbeit, Zugang zu ganzheitlicher Bildung, Schutz von Jugendlichen vor Gewalt und der Kampf gegen Korruption. Das Aktionsbündnis von ADVENIAT, der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, dem DJK-Sportverband, der Katholischen Landjugendbewegung und Kolping International ermutigt gleichzeitig zu einem stärken zivilgesellschaftlichen Engagement und einer soliden Gesundheitsvorsorge für alle brasilianischen Bürgerinnern und Bürger. Bischof Overbeck, der unter anderem mit Bundespräsident a. D. Horst Köhler und dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, Botschafter der Aktion ist, betont, dass mit „Steilpass“ auf Missstände aufmerksam gemacht und für Gerechtigkeit in Brasilien geworben werden soll: „Wir wollen bei aller Freude am Fußball unseren Blick für das Wesentliche schärfen“, so Bischof Overbeck.
In Rio de Janeiro und den anderen Spielorten werden die Forderungen des Aktionsbündnisses auch von den brasilianischen Bischöfen erhoben. Sie verteilen „Rote Karten“ an Politiker, die die Menschenrechte missachten, und warnen vor einer Zunahme der Gewalt, wenn die Regierung auf die berechtigten Anliegen der Demonstranten nicht eingeht.
Hinweis:
Mehr Informationen zur Situation in Brasilien hat das „Aktionsbündnis Steilpass“ unter www.aktion-steilpass.de zusammengestellt.
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Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz
06.03.2014
029
Vom 7. bis zum 16. März 2014 kämpfen bei den XI. Paralympischen Winterspielen im russischen Sotschi Sportler mit Behinderungen um Medaillen. Aus Deutschland haben sich 13 Athleten für skialpine, nordische und Para-Snowboard-Wettkämpfe qualifiziert. Der Sportbischof der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Jörg Peters (Trier), ermutigt die Teilnehmer in Sotschi zu einem fairen Wettkampf: „Ich wünsche mir, dass die Wettbewerbe einen friedlichen und fairen Verlauf nehmen. Wir würden uns freuen, wenn sie auf ein ähnlich großes Echo stoßen wie die Wettkämpfe der XXII. Olympischen Winterspiele im Februar.“
Der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für den Bereich der Seelsorge für Menschen mit Behinderungen, Weihbischof Otto Georgens (Speyer), regt an, „im Sinne der Inklusion in Zukunft die Olympischen und die Paralympischen Spiele gleichzeitig am selben Ort stattfinden zu lassen. Man könnte auch über Wettbewerbe nachdenken, in denen behinderte und nichtbehinderte Sportler gemeinsam an den Start gehen. Sportliche und gesellschaftliche Großereignisse, wie die Olympischen Spiele oder Weltmeisterschaften, sollten Zeichen für eine gleichwertige Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben sein, sodass Inklusion nicht nur ein Schlagwort politischer Diskussionen bleibt“.
„Für unseren katholischen DJK-Sportverband mit seinen mehr als 500.000 Mitgliedern ist das ein wichtiges Anliegen“, so Weihbischof Peters. „Beispielsweise finden beim DJK-Sportfest vom 6. bis 9. Juni 2014 in Mainz Mannschaftswettkämpfe statt, die eine Begegnung zwischen Sportlern mit und ohne Behinderungen ermöglichen. Vielleicht müsste auch das Internationale Olympische Komitee einmal in dieser Hinsicht neue, kreative Wege gehen.“
Anlässlich der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2014 haben die katholische und evangelische Kirche in Deutschland das Impulsheft „Mittendrin“ für die deutsche Mannschaft veröffentlicht. Es ist als geistliches Trainingsbuch gedacht und bietet den Sportlern biblische Texte, Gebete und Meditationen.
Hinweis:
Das Impulsheft „Mittendrin“ kann unter www.dbk.de als pdf-Datei heruntergeladen und als Broschüre bestellt werden.
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© Bistum Münster
Pressedienst Bistum Münster | 23.01.14
Gescher/Münster (pbm). „Hallo Bischof, du willst bestimmt gucken, wie wir Deutsch machen.“ Lukas strahlt übers ganze Gesicht, als er den Bischof von Münster, Felix Genn, in Haus Hall begrüßt. Lukas ist eines von zehn Kindern der Unterstufe 4, die der Bischof an diesem grauen und nasskalten Januarmorgen in Gescher besucht. Wie seine Klassenkameradinnen und -kameraden ist Lukas geistig behindert. Umso größer werden die Augen des Bischofs im Laufe der Deutsch-Stunde, an der er im Stuhlkreis sitzend teilnimmt, als er erlebt, was die Mädchen und Jungen im Alter zwischen neun und zehn Jahren schon alles können. Und das, obwohl Deutsch offensichtlich nicht das Lieblingsfach von allen ist: „Oh, Lesen, nicht schon wieder“, meint Lukas, als Lehrerin Elisabeth Dunkelmann den Kindern erklärt, dass es in der kommenden halben Stunde darum gehen wird, Wörter mit einem „el“ zu lesen und dabei auch gleich festzustellen, ob das „el“ am Wortanfang, in der Mitte oder am Schluss steht.
Der Besuch in Haus Hall, bei dem der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes Klaus Winterkamp den Bischof begleitet, ist der erste einer Serie von Besuchen in sozialen Einrichtungen, die Genn sich für dieses Jahr vorgenommen hat. „Mir ist es ein großes Anliegen, konkret zu erleben, welch wichtiger Dienst in diesen Einrichtungen geleistet wird”, erklärt er bei der Begrüßung durch den Direktor, Thomas Bröcheler, und Johannes Nondorf, den Leiter der Förderschule von Haus Hall. Bewusst wolle er sich Zeit nehmen, um sich einen fundierten Eindruck von den Lebenswirklichkeiten der „Menschen am Rande“ zu machen. „Ich will Einblick nehmen in das, was hier geschieht, und es einfach auf mich wirken lassen“, sagt er. Die Verantwortlichen von Haus Hall haben dem Anliegen des Bischofs nicht nur Rechnung getragen, sondern freuen sich, dass der Akzent des Besuches so gesetzt wird. „Wir wissen um die Bedeutung von Begegnung und freuen uns, dass der Bischof in der konkreten Begegnung und ohne, dass wir einen großen Bahnhof veranstalten, die Vielfalt von Menschen mit Behinderung erleben will“, sagt Thomas Bröcheler. Die Arbeit mit ihnen sei „wesentlicher Teil des Auftrags von Kirche“. „Menschen mit Behinderung sind für uns auch Ebenbild Gottes. Von daher ist die Begegnung mit ihnen auch eine Gottesbegegnung“, unterstreicht er.
Solche Begegnungen hat der Bischof an diesem Vormittag jede Menge. In dem farbenfroh und fröhlich eingerichteten Klassenzimmer der Unterstufe 4 lädt Sascha ihn ein, zu raten, wo er wohnt; Lukas zeigt ihm die Mappe mit all den Buchstaben, die die Mädchen und Jungen schon gelernt haben, und Robin, einer der beiden Klassensprecher, verabschiedet ihn am Ende der Unterrichtsstunde mit den Worten „Lieber Bischof, wir haben noch ein Geschenk für dich“. Dann überreicht er ihm formvollendet und mit Handschlag eine Mappe, in der sich Fotos aller Schülerinnen und Schüler der Klasse finden.
Von der Unterstufe 4 geht es zur Berufspraxisschule 3. Zu ihr gehören junge Menschen zwischen 18 und 19 Jahren, die im Sommer ihre Schullaufbahn beenden werden. Auf dem kurzen Weg von Klasse zu Klasse erklärt Bereichsleiter Johannes Nondorf, dass die Mädchen und Jungen im Unterricht vor allem die Erfahrung machen sollten: „Ich kann“. Und der Bischof ist nicht nur von diesem Können beeindruckt, sondern auch von der Leistung der Lehrerinnen: „Die Geduld kann ich nur bewundern.“
Auch in der Berufspraxisschule 3 gibt es keine Berührungsängste, sondern große Begeisterung, als der Bischof eintrifft. Als er die 18-Jährige Anna-Sophie fragt: „Darf ich neben Dich?“, strahlt sie übers ganze Gesicht und ruft ihm ein erfreutes „Ja“ zu. Anna-Sophie erklärt dem Bischof dann auch gleich, dass es im Sommer „endlich raus“ aus der Schule gehe und dass sie dann in der Kantine von Haus Hall arbeiten werde. Auch alle anderen erläutern ihre Zukunftspläne: Jutta möchte in ein Wohnheim im Stift Tilbeck einziehen, Marvin möchte am liebsten Kindergärtner werden und dann zu Hause ausziehen, Kevin macht gerade ein Langzeitpraktikum auf einem Bauernhof und erklärt stolz, dass er sogar einen „Trecker“ fahren darf, Mehmet wiederum will gerne in einer Schreinerei arbeiten. Er berichtet dem Bischof, dass er in Haus Hall sehr viel gelernt habe, und zwar mehr als reines Schulwissen: „Ich werde, wenn ich durch die Stadt gehe, auch manchmal beleidigt, aber dann sag‘ ich einfach was Nettes.“ So sehr sich allerdings die jungen Leute auf ihre Entlassung freuen, so ist doch einigen auch Wehmut anzumerken: „Das ist hier wie eine Familie“, sagt Daniel. Doch schnell wird es wieder fröhlich, als Anna-Sophie ihrem bischöflichen Stuhlnachbarn erzählt, dass sie ihn ohnehin schon kenne: „Ich habe dich schon in der Kirche gesehen, als ich meinen Bruder in Münster besucht habe.“ Und der Bischof lädt sie ein: „Wenn du das nächste Mal da bist, musst du mir unbedingt ‚Hallo‘ sagen.“ Auf ein Wiedersehen hoffen offensichtlich noch andere: „Vielleicht sieht man sich ja mal wieder“, verabschiedet sich Daniel ganz cool vom Bischof. Dieser ist auch von diesem Besuch begeistert: „Es ist herrlich“, sagt er und zeigt sich zugleich überrascht, dass es durchaus Schülerinnen und Schüler gibt, die es auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. „Wir versuchen einfach immer, zu schauen, was den Fähigkeiten der Mädchen und Jungen am besten entspricht“, sagt Johannes Nondorf.
Vorbei an Hühnern, um die sich die Kinder kümmern, Pferden, die zur Therapie genutzt werden, einem integrativen Kindergarten und der Kirche, wo jeden Sonntag Gottesdienst gefeiert wird, geht es zur Werkstatt. Dort arbeiten in Gescher rund 400 Menschen mit Behinderung. Begleitet von Maria Buxel, die den sogenannten „2. Lebensraum“ leitet, besucht der Bischof die „Gruppe 7“, in der Menschen mit schwerst- und mehrfacher Behinderung Gitterspann-Beschläge produzieren, Wasseruhren recyceln und Grußkarten herstellen. „Warum hast du deine Mütze nicht an?“ begrüßt Franz-Josef den Bischof, der sich dann von den Menschen mit Behinderung und ihren Betreuerinnen die Arbeitsgänge ganz genau erklären lässt. „Ganz genau“ ist ein gutes Stichwort, denn in der Werkstatt ist und muss alles minutiös geregelt sein. Es gibt große rückwärtslaufende Stoppuhren, auf denen rote Felder den Menschen anzeigen, wie lange sie noch arbeiten müssen. Auch Tagesablauf und Wochenplan sind auf großen bunten Tafeln für alle gut sichtbar notiert. „Alle Arbeitsschritte sind ganz genau definiert. Jeder macht exakt das, was er kann“, sagt Maria Buxel. Zudem gebe es für jeden einzelnen einen „Perspektivplan“, der beschreibe, was in Zukunft noch möglich sei: „Dabei ist für uns ein Dreischritt wichtig: erst wahrnehmen, dann verstehen, dann handeln.“ Seit zehn Jahren schon betreut sie die Menschen in den Werkstätten von Haus Hall. Warum? „Ganz einfach: weil es mir große Freude schenkt“. Ihr sei es ein Anliegen, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. „Ich wünsche mir, dass sie möglichst selbstständig, glücklich und zufrieden leben und arbeiten“, sagt sie.
Von diesem Einsatz der haupt- wie ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Haus Hall zeigt sich der Bischof im Austausch mit Vorstand, Leitung und Seelsorgern der Stiftung Haus Hall tief beeindruckt: „Ich habe mir gedacht: Die Lehrerinnen könntest du gleich heilig sprechen. Was da und in den Werkstätten an Liebe, Geduld und menschlicher Kraft investiert wird, damit das Leben von Menschen mit Behinderung gelingt, das hat mich sehr bewegt.“ Mit seinem Besuch, betont der Bischof, wolle er Wertschätzung, Dank und Respekt zum Ausdruck bringen. Zugleich wolle er in Zeiten, in denen sehr viel über Inklusion gesprochen werde, deutlich machen, dass er für Inklusion sei, dass diese aber auch Grenzen habe und es vor allem eine „bis zum Ende durchdachte Konkretisierung“ brauche. „Entscheidend ist für mich, dass es eine intensive menschliche Zuwendung gibt, so wie ich sie heute hier erlebe, und das ist in einem normalen Regelbetrieb sicher kaum zu leisten“, sagt Bischof Genn. Die öffentliche Debatte sei oft nicht nah an der Wirklichkeit, und wer eine gewisse „Romantik der Inklusion“ kritisiere, werde leicht in eine Schublade gesteckt.
Intensive menschliche Zuwendung erlebt der Bischof noch einmal bei seiner letzten Besuchsstation in Haus Hall. Gemeinsam mit zehn Bewohnerinnen und Bewohnern der „Anna Gruppe“ isst er zu Mittag. In der Wohngruppe leben acht Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 58 und 80 Jahren. „Wie heißt du?“ fragt die 80-Jährige Ursula, die seit 66 Jahren in Haus Hall wohnt, zur Begrüßung und lädt den Bischof ein, neben ihr Platz zu nehmen. Es gibt Kartoffeln, Rosenkohl und Schnitzel, aber vorher wird natürlich gebetet. Ursula spricht „Komm, Herr Jesus, sei unser Gast“, dann fassen sich alle an den Händen, Ursula ergreift die Hand des Bischofs, strahlt ihn an, und alle rufen sich fröhlich zu: „Ich wünsch Euch allen einen Guten Appetit“.
© Bistum Münster
„Wissenschaft trifft Praxis:
14. und 15. Februar 2014 | Oberlinhaus Potsdam
„Inklusion“ ist zurzeit in aller Munde und weckt ganz unterschiedliche Assoziationen: Für die einen ist es ein hoffnungsvolles Versprechen auf mehr Teilhabe in Schule und Gesellschaft, für die anderen ist es ein Reizwort, das für zusätzliche Belastungen und mangelnde Rahmenbedingungen oder als Kostenspar-Modell steht.
Mit diesem Kongress in Potsdam wollen wir aktuelle Entwicklungen aufnehmen und uns in ökumenischer Perspektive damit auseinandersetzen, welchen Beitrag Kirche und Diakonie mit ihren Schulen auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft leisten können. Der Kongress soll – abseits von ideologischen Streitereien – dazu verhelfen, das Thema „Inklusion“ auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Handlungsfeldern schulischer und kirchlich-diakonischer Praxis in den Blick zu nehmen, es persönlich und gemeinschaftlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Diakonie, Caritas und Kirchen bietet sich die große Chance, Inklusion sozialräumlich in den Blick zu nehmen und Initiativen für weiter reichende schulische und gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu starten. …
PDF ansehen | speichern →Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz
02.12.2013
214
Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung (3. Dezember 2013) ruft Weihbischof Otto Georgens (Speyer), der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Menschen mit Behinderung, zum verstärkten Einsatz auf, jedem Menschen uneingeschränkt und gleichberechtigt die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. „Der internationale Tag steht in diesem Jahr unter dem Motto ‚Nur mit uns‘. Dieses Wort spricht alle an. Die uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist ein Menschenrecht, das durch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingefordert wird“, so Weihbischof Georgens. „Neben den politischen Bemühungen möchte ich heute jeden ermutigen, sich den Herausforderungen zu stellen und an einer Gesellschaft mitzuwirken, an der alle Menschen gleichberechtigt und in gleichem Maße teilhaben können, denn wir alle sind von Gott getragen.“
Innerhalb der Kirche bietet dazu die Chance ein ungewöhnlicher Kirchenführer, der speziell für Menschen mit und ohne Behinderung geschrieben wurde. „Vom Rand die Mitte sehen“ ist der Titel des Kirchenraumführers, der von Christoph Beuers und Jochen Straub herausgegeben wird und jetzt im Verlag Butzon & Bercker erschienen ist. In dem Buch werden Elemente beschrieben, die der Kirchenbesucher findet: Altar, Kreuz, Tabernakel und vieles mehr. Dabei beleuchten die Autoren verschiedene Blickwinkel im Kirchenraum und machen so den Ort des liturgischen Handelns erlebbar und verstehbar. Weihbischof Georgens würdigt das Buch als wertvollen Beitrag zur Inklusion. „Die unterschiedlichen Blickrichtungen des Kirchenraumführers geben die Möglichkeit, sich nicht nur dem Kirchenbau zu nähern, sondern auch seiner liturgischen Bedeutung.“ Er sei mit seinen zahlreichen anschaulichen Bildern, erläuternden Texten und Gebeten auch eine Arbeitshilfe bei der Einführung in das gottesdienstliche Geschehen: „In leicht verständlichen Texten geben die Autoren Antworten auf die Fragen behinderter, aber auch nicht behinderter Menschen zu den Gegenständen und Symbolen im Gotteshaus. In Sprache, Bildern, Liedern und Gestaltungsvorschlägen nehmen sie dabei überzeugend den Blickwinkel von Menschen mit Behinderungen ein und machen ihn für die eigenen theologischen Überlegungen fruchtbar“, so Weihbischof Georgens.
Erst vor wenigen Wochen hatte Papst Franziskus am 10. November 2013 kranke und behinderte Menschen bei einer Begegnung im Vatikan empfangen und sie in ihrem Schicksal ermutigt: „Liebe kranke Brüder und Schwestern, betrachtet euch nicht nur als Objekt der Solidarität und der Nächstenliebe, sondern fühlt euch ganz eingebunden in das Leben und die Sendung der Kirche. Ihr habt euren Platz, eure besondere Rolle in der Pfarrgemeinde und in jedem kirchlichen Umfeld. Eure stille Anwesenheit, die jedoch beredter ist als viele Worte, euer Gebet, das tägliche Darbringen eures Leidens in Vereinigung mit den Leiden des gekreuzigten Christus für das Heil der Welt, die geduldige und auch freudige Annahme eures Zustands sind eine geistliche Ressource, ein Schatz für jede christliche Gemeinschaft. Schämt euch nicht, ein kostbarer Schatz der Kirche zu sein“, so Papst Franziskus.
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30.01.2013
016
Die Seelsorge für Menschen mit Behinderung ist weiterhin eines der zentralen Themen der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2010 ist Weihbischof Otto Georgens (Speyer) Beauftragter für diesen Bereich. Die Aufgaben der bisherigen „Arbeitsstelle für Menschen mit Behinderung“ werden künftig im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn wahrgenommen. Ziel ist es, die Vernetzung der verschiedenen Akteure und Initiativen in der Seelsorge für Menschen mit Behinderung sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen zu unterstützen.
„Wir nehmen die Arbeit der Behindertenpastoral ungemindert ernst und versuchen den Einsatz mit anderen Seelsorgebereichen zu verbinden. Dabei geht es uns vor allem darum, aktuelle Fragen dieses Seelsorgefeldes in die Öffentlichkeit zu tragen und vorhandene Initiativen noch besser zu vernetzen“, erklärte heute Weihbischof Georgens. Diese Arbeit unterstützt auch der neu gegründete Beirat der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die Seelsorge für Menschen mit Behinderung auf Bundesebene, der jetzt seine Arbeit aufgenommen hat.
Weihbischof Georgens unterstrich, dass es die Hauptaufgabe der bundesweiten Seelsorge für Menschen mit Behinderung sei, im Sinne der Inklusionsdebatte die überdiözesan relevanten Belange auf diesem Gebiet zu koordinieren. „Dazu gehören auch Fragen nach der behindertengerechten Ausstattung von Großveranstaltungen wie den Katholikentagen oder dem Eucharistischen Kongress in Köln“, so Weihbischof Georgens. Es gebe zahlreiche Angebote auf Bundes- und Bistumsebene, die die Behindertenpastoral in den Mittelpunkt stellen. „Beispielsweise konnten wir im vergangenen Jahr eine barrierefreie Wanderausstellung vorstellen, die die UN-Konvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderung thematisiert. Ziel war es, die UN-Konvention bekannter zu machen, die nach Umfragen bisher nur 14 Prozent der Deutschen kennen. Akzentuiert wurden die zentralen Themen der UN-Konvention wie Barrierefreiheit, Selbstbestimmung, Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit. Gerade auf dem Katholikentag in Mannheim hat die Ausstellung große Beachtung gefunden“, sagte Weihbischof Georgens. „Menschen mit Behinderung gehören zu unserer Gesellschaft. Die Kirche weiß sich der Aufgabe und dem Einsatz für Menschen mit Behinderung in besonderer Weise verpflichtet.“
Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 66 Mitglieder (Stand: Januar 2013) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.